Wer eine Rede hält, will verstanden werden – sollte man meinen. Viele Vorstände der DAX30-Unternehmen scheinen dies anders zu sehen. Denn die Verständlichkeit ihrer Reden bei den Jahreshauptversammlungen lässt stark zu wünschen übrig. Dies sagt eine Untersuchung der Universität Hohenheim.
2012 standen hochkarätige Redner unter der fachkundigen Beobachtung von Prof. Dr. Frank Brettschneider, darunter die Vorstände von Daimler, Dieter Zetsche, der Telekom, René Obermann, und von BMW, Norbert Reithofer. Es sollte herausgefunden werden, wie verständlich die 30 führenden Unternehmenschefs Deutschlands auf Jahreshauptversammlungen sprechen.
Betrachtet wurden Satzkomplexität, Fremdwortanteil sowie Abstraktionsgrad der Reden. Die Ergebnisse wurden mit Hilfe einer Verständlichkeitsskala eingeordnet. Die Werte reichen von 0 (laut Uni Hohenheim verständlich wie eine Doktorarbeit) bis 10 verständlich wie Radionachrichten.
Wenige rhetorische Sieger, viele unverstandene Verlierer
Auf den ersten drei Plätzen befinden sich Telekom-Chef René Obermann mit 7,2 Punkten, Norbert Reithofer von BMW mit 6,5 Punkten und der Vorstandsvorsitzende von Infineon, Peter Bauer, mit 5,9 Punkten.
Die meisten der 30 Vorstände haben jedoch nicht einmal die Hälfte der möglichen Punkte erreicht. Warum legen sie keinen Wert auf eine gute Verständlichkeit?
Dass das Publikum und die Möglichkeiten von Rednern im Zeitalter der neuen Medien (Youtube etc.) größer sind als je zuvor, scheint in manchen Vorstandsetagen noch nicht angekommen zu sein oder ignoriert zu werden – sonst würden sie auch von einer breiteren, medialen Öffentlichkeit verstanden werden wollen und ihre Sprache entsprechend wählen.
Eventuell begehen manche Vorstände bzw. ihre Redenschreiber auch den Fehler, nur Analysten und Wirtschaftsexperten ansprechen zu wollen. Dabei könnten sie gerade mit ihren wichtigen Jahreshauptversammlungsreden mehr Menschen überzeugen und weit mehr bei Aktionären und Verbrauchern erreichen, wenn diese die Reden nur besser verstehen würden.
Rhetorikmagazin
© Christian Bargenda, rhetorikmagazin.de