Politikerreden verraten mehr, als Politiker vielleicht wollen. Beispiel: Christian Wulff, ehemaliger Bundespräsident. Eine Studie der Universität Koblenz-Landau und des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS) verrät Details über seine Ansichten. Studientitel: „Das Bürgerbild in politischen Reden.“
Politiker auf oberster Ebene können es sich leisten, keine exzellenten Redner zu sein. Das gilt auch für Christian Wulff. Denn alleine sein Amt als Bundespräsident war ein Garant dafür, dass das Publikum sich für seine Reden interessierte – ganz gleich, worüber er redete.
Analysiert wurde in der Studie unter anderem die Rede von Christian Wulff „Vielfalt schätzen – Zusammenhalt fördern“ zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2010.
Das Ergebnis:
Für Christian Wulff ist entscheidend, was die Bürger leisten. Die Werte, die er gleichzeitig betont, sind Toleranz sowie die Fähigkeiten, Kompromisse einzugehen und ausgleichend zu wirken. Wulff meint: „Wir achten jeden, der etwas beiträgt zu unserem Land …“. Und Wulff will notfalls Nachhilfe leisten: „… warum nicht auch in einem freiwilligen sozialen Jahr für Ältere?“
Besonders wichtig ist für Christian Wulff die Vielfalt in Deutschland. Er sagt in dem Zusammenhang: „Zu viel Gleichheit erstickt die Anstrengung.“ Was bedeutet dies? Gemäß der Studie deuten seine Worte darauf hin, dass die Gleichheit der Bürger aus Wulffs Sicht eine Bedrohung der Innovationskraft darstellen könnte. Denn im selben Zusammenhang verweist Wulff darauf, wie wichtig es für unser Land sei, für „kluge Köpfe“ anziehend zu sein. Nur wenn ein Nutzen vorhanden ist (Klugheit), kommen bei Wulff auch Freiheit und Selbstentfaltung ins Spiel.
Das Resümee der Studie:
Nicht etwa Bildung steht bei Christian Wulff im Vordergrund, wie es z. B. im 19. Jahrhundert der Fall war. Vordringlicher ist für ihn, dass unser Land für „die Besten“ und die „klugen Köpfe“ attraktiv ist. Denn sie sichern seiner Meinung nach den Vorsprung Deutschlands. Wirtschaft und Leistung haben Vorfahrt. Gleichheit? Brauchen wir nicht mehr. Denn wenn wir zu gleich wären, würden wir uns nicht mehr anstrengen. Meint Wulff laut Redeanalyse der Uni Koblenz-Landau und des Redenschreiberverbands VRdS.
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© Christian Bargenda, rhetorikmagazin.de